Dieser Beitrag ist eine erweiterte Version meines Redebeitrags bei der Demo gegen Rechts in Groß-Gerau, am 03. Februar 2024.
Liebe Groß-Gerauer*innen,
auch ich freue mich sehr, dass Sie alle heute hier erschienen sind, um für Demokratie, für Menschenrechte und gegen die AfD einzutreten.
Es ist eine große Erleichterung zu sehen, wie viele Menschen in diesem Land sich in den letzten drei Wochen auf Demonstrationen wie dieser versammeln und ein Zeichen setzen – deutlich machen, dass die “Remigrationspläne” des “Düsseldorfer Forums” nicht im Interesse der Bevölkerung sind.
Die Enthüllungen von Correctiv über das berüchtigte Treffen im Landhaus Adlon sind entlarvend für die AfD und die gesamte rechte Bewegung. Seit Jahren arbeiten sie im Hochdruck daran, sich als “bürgerlich” zu präsentieren, während sie den Rahmen des Sagbaren immer weiter und weiter nach rechts verschieben. Die Berichterstattung zeigt, dass dies nur eine Farce ist; zeigt, wie die “Bürgerlichen” wirklich denken und reden, wenn sie unter sich sind. Die hässliche Fratze dieser Bewegung erinnert an die dunkelste Zeit unseres Landes. Diese Leute wollen den Faschismus.
Dabei ist aber auch bezeichnend, dass vieles aus dem Correctiv-Bericht eigentlich nicht neu ist. Viele der widerlichen “Remigrations”-Pläne, der rassistischen Rhetorik und der rechtsradikalen Verschwörungstheorien findet sich seit Jahren in den Aussagen von einzelnen AfD-Abgeordneten oder auch in Björn Höckes Buch von 2018.
Schon lange ist klar, dass die Partei rassistisch, homophob und transphob ist. Als einzige Partei, die offen den menschengemachten Klimawandel bestreitet, gefährdet sie zudem unsere gemeinsame Lebensgrundlage – sie ist lebensfeindlich. Auch über die anderen Akteure der rechten Bewegung wie Martin Sellner wurde schon lange genug berichtet.
Wir sollten also von diesen Entwicklungen nicht schockiert sein.
Es sollte eher schockierend für uns sein, wie sicher sich die Rechten fühlen. Sie sehen sich kurz vor dem Erfolg. Sie fühlen sich mächtig, meinen das “Meinungsklima” verändert zu haben und in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein.
Was hingegen wirklich neu ist an den Enthüllungen, ist die Reaktion der Gesellschaft. Wir ziehen eine Grenze. Gemeinsam; die volle Breite der Gesellschaft – von demokratischen Parteien, Aktivist*innen, Gewerkschaften, Wissenschaft, Wirtschaft und den religiösen Gemeinden. Wir setzen ein Zeichen: Der rechte Rand mag immer laut gewesen sein, aber die stille Mehrheit hat genug geschwiegen! Wir setzen ein Zeichen, dass wir uns nicht von denen repräsentieren lassen, die millionenfach deportieren wollen.
Wir wissen, wo wir stehen und wie wichtig unsere Mitmenschen mit Migrationshintergrund sind. Ein Deutschland ohne sie ist nicht mehr denkbar – sie sind Deutschland! Wir lassen uns nicht spalten; weder nach Herkunft noch Geschlecht, Gender, Religion oder Sexualität!
Dass wir hier alle so zusammenkommen, in Groß-Gerau, aber auch in allen großen und kleinen Orten in Deutschland, das ist ein wichtiges Symbol. Aber es wird allein nicht genügen. Wir müssen die AfD langfristig bekämpfen. Das heißt:
Erstens, dass diese Demonstrationen nicht absterben dürfen. Die AfD darf sich nicht wohlfühlen, darf nicht das Gefühl bekommen, sich hier festsetzen zu können.
Zweitens, dass wir alle demokratische Parteien wählen müssen – vom Bund bis in die Kommune. Alle Nichtwähler müssen mobilisiert werden. Wir werden die AfD auch auf dem Wahlzettel abstrafen!
Drittens müssen wir selbstkritisch untersuchen, ob wir unsere Ideale wirklich erreichen. Auch ohne die AfD ist unsere Gesellschaft von einem tiefen Rassismus durchzogen. Viele unserer Mitmenschen werden nicht wertgeschätzt, diskriminiert, ausgeschlossen, angegriffen. Dass diese viele Menschen mit Migrationshintergrund von diesen Demonstrationen fernbleiben, sollte bei uns allen Fragen aufwerfen. Wir reden viel über unsere Werte – ob in der Innen- oder Außenpolitik. Aber wir müssen endlich anfangen, diese Werte auch umzusetzen.
Viertens heißt es, dass die demokratischen Parteien ihre Aufgabe verstehen müssen. Wir alle müssen demonstrieren, aber die Parteien müssen der destruktiven AfD etwas Positives entgegensetzen. Sie müssen eine Zukunft aufbauen, die dem Feuer der AfD den Brennstoff entzieht! Dabei wird es nicht helfen, im gleichen Teich wie die AfD zu fischen. Nach rechts abzudriften oder Angst vor Migration zu schüren, wird die AfD nicht in Schach halten. Menschen aus unserer Gesellschaft abzuschieben wird nicht gut, nur weil es bürokratisch und geordnet geschieht.
Wir brauchen keine Bekämpfung von Feuer mit bürokratischem Feuer. Wir brauchen eine Politik der Menschlichkeit!
Vielen Dank, Groß-Gerau